„Jede Menge Stress!“ – Hausgemacht?

Manchmal glaube ich, dass Stress in unserer Gesellschaft zum guten Ton gehört. Wer Stress hat, der ist wichtig. Wer Stress hat, der ist gefragt und begehrt. Wer keinen Stress hat, der kann auch keine Bedeutung haben. Oder?

Hören sie ruhig einmal hin, wenn zwei alte Bekannte sich beispielsweise beim Einkauf treffen. „Wie geht’s?“ „Oh Stress!“ ist da die häufigste Antwort.

Zumindest einer der beiden beschreibt dann noch gleich vollmundig die ganzen, unglaublich wichtigen Dinge, die zu erledigen sind. Meistens sogar mit einem Jammerton in der Stimme, der regelrecht Mitleid erregt.

Manchmal habe ich das Gefühl, dieser ganze, zum größten Teil hausgemachte Stress dient nicht nur der Bestätigung der eigenen Bedeutsamkeit. Sondern dieser Stress ist gleichzeitig auch eine wichtige Stütze um den Tag zu strukturieren.

Horchen Sie einmal in sich hinein:

Wie fühlt es sich an, zu sagen
„Ich habe ausreichend Zeit,
um die Dinge zu tun die ich mag?“

Und nicht zu stöhnen: „Ich habe jede Menge Stress.“
Solche Sätze sind ein wenig gewöhnungsbedürftig – nicht wahr? Macht ihnen dieser Satz obendrein nicht auch ein bisschen Angst?

Denn: Was passiert da eigentlich, wenn ich auf einmal zu viel Zeit habe?

Kann ich die entstandene Leere überhaupt kreativ nutzen? Oder quält mich dann auf einmal eine fürchterliche Langweile?

Muss ich dann etwa die Zeit totschlagen?

Wir kennen diesen Zustand alle aus Erzählungen. Vom Topmanager beispielsweise, der in den Ruhestand ging und völlig unzufrieden war, weil er unfähig war, das Vakuum der vielen freien Zeit zu füllen. Weil er einfach auch niemals gelernt hatte, die Seele baumeln zu lassen.  Weil er jahrzehntelang starken Reizen ausgesetzt war und irgendwann völlig abhängig von diesen Reizen geworden ist.

Wir kennen aber auch die Geschichten
von Müttern, die sich jahrelang für
ihre Kinder gevierteilt haben

 

Viele dieser Mütter aus diesen Geschichten sind dann, als die Kinder aus dem Haus gegangen sind, in eine tiefe Depression hineingerutscht sind.

Ändern Sie doch einfach einmal ihren Blickwinkel.

Und zwar mit dem Satz: „Ich habe ausreichend Zeit um die Dinge zu tun die ich mag“. Sagen Sie ruhig einmal im Gespräch: „Es geht mir gut, ich habe sogar ausreichend Zeit, noch dieses oder jenes zu tun“.   Fühlt sich das nicht toll an? Ich jedenfalls finde, hinter einem solchen Satz steckt ein ungeheurer Luxus!

Was meinen Sie?

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